Gebärdensprache und
Kommunikation Gehörloser
Foto: UHH/Denstorf
18. Oktober 2024
Foto: Alexander von Meyer / Simon Kollien
Alexander von Meyenn:
Unser Freund, Wolfgang Schmidt, ist vor kurzem von uns gegangen.
Daher sind wir in Trauer.
Trotzdem möchten wir in Gedenken an ihn versuchen, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen und aufzuzeigen, wie Wolfgang mit uns als Institut für Deutsche Gebärdensprache verbunden ist.
Wolfgang Schmidt reiste damals zu Beginn mit einer kleinen Gruppe in die USA zur Gallaudet Universität, um sich dort deren Konzept für eine Dolmetschausbildung anzuschauen und dieses nach Deutschland zu bringen.
Während dieser Reise etablierte sich auch zum ersten Mal die Bezeichnung der DGS durch den beginnenden Austausch von Wolfgang u.a. mit Bernd Rehling.
Heiko Zienert und ich wurden zu dieser Gruppe hinzugezogen. Der weitere rege Austausch hat uns viele Gedanken und weitere Erkenntnisse gebracht.
Zufällig stießen Siegmund Prillwitz und auch Regina Leven dazu. Wir diskutierten weiter tiefgründig und detailliert. All das geschah im privaten Rahmen.
Später wurden dann unsere Forschungen an die Universität (im Rahmen der Gründung der Forschungsstelle DGS) verlagert.
Es war das erste Mal, dass es möglich war, Gebärdensprache nicht nur an der VHS, sondern qualifiziert an der Universität zu lehren bzw. zu lernen, wo erste Konzepte für Kurse für DGS 1, 2, 3 usw. entwickelt wurden.
Ohne Wolfgangs Beitrag wäre dieser Fortgang sehr schwer gewesen. Er hat so viele wertvolle Impulse und Gedanken eingebracht.
Er war es dann auch, der den Text zur Erstellung des sogenannten „Goldenen Buches“ mit vorbereitet hat, welches 1985 im Rahmen des Kongresses „Die Gebärde in Erziehung und Bildung Gehörloser" vorgestellt wurde. Dieses verbreitete sich in Deutschland wie ein Lauffeuer.
Am Ende entstand durch den weiteren Diskurs, Austausch und Erforschung unser Institut für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser.
Diese Entwicklung verdanken wir dem unermesslichen Beitrag von Wolfgang. Wer weiß, wo wir ohne sein Wirken wären. Es ist mir wichtig, dass wir ihn in besonderer Erinnerung behalten.
Simon:
Hier möchte ich gerne anknüpfen.
Auch ich als Mitglied der „nächsten Generation“ möchte meinen tiefen Dank für seinen wichtigen Beitrag zum Ausdruck bringen. Ich war damals noch jung.
Ich erfuhr bereits als Kind durch meine Eltern, die Kontakt zu der eben erwähnten Gruppe hatten, von all den neuen Erkenntnissen.
Voller Respekt und Interesse erlebte ich die Entwicklung in der Auseinandersetzung mit der DGS, die für mich hochspannend war.
Ich habe aktiv verfolgt, wie sich Siegmund Prillwitz, Wolfgang Schmidt, besonders auch Heiko Zienert und mit Regina Leven als Dolmetscherin der Deutschen Gebärdensprache gewidmet haben.
Es war das Schlüsselerlebnis für mich zu erfahren, dass die DGS, die ich bisher unbewusst genutzt hatte, eine eigenständige Sprache mit einer vollwertigen Grammatik ist, die sogar im akademischen Kontext verwendet werden kann. Dieses beeindruckende neue Verständnis von der DGS habe ich vollends damals verinnerlicht.
Durch diese Entwicklung war es mir damals möglich, ein Studium unter Begleitung von Gebärdensprachdolmetscher:innen und Verwendung der DGS auf akademischem Niveau wie viele andere Gehörlose aus meiner Generation zu beginnen.
Dies eröffnete der Community tauber Menschen in Deutschland den Zugang zur akademischen Bildung.
All diese Entwicklungen führten letztendlich zur Etablierung des Instituts für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser, welches bis heute eine stabile Institution darstellt.
In der Tat verdanken wir dies der Gruppe um Wolfgang Schmidt, der letztlich maßgebliche Impulse und unter großer Einflussnahme den Fortgang der Erforschung der Gebärdensprache vorangetrieben hat.
Es tut weh, sich nun von ihm zu verabschieden.
Für die Zukunft ist es an uns, seine Erfolge – seine uns vermachte „Staffel“ - nun weiter in eine gute Zukunft zu tragen.
Wir gedenken Wolfgang und drücken ihm unseren tiefsten Dank aus.