Überblick
Überblick über die Gehörlosengemeinschaft (Stefan Goldschmidt, 2011)
Übersetzung
Die Gehörlosengemeinschaft ist der Ort, wo sich gehörlose Menschen treffen und rege miteinander austauschen. Sie ist aus zwei starken Wurzeln hervorgegangen, die sie auch heute noch nähren und ihren Fortbestand sichern: Zum einen eine gemeinsame Sprache und zum anderen gemeinsame Erfahrungen in der Welt der Hörenden.
Gemeinsame Erfahrungen
Alle Mitglieder der Gehörlosengemeinschaft teilen die Erfahrung, in der Welt der Hörenden mit Einschränkungen, Diskriminierung und Hindernissen konfrontiert zu werden, insbesondere Kommunikationsbarrieren. Dies ist der Grund dafür, dass sich die Gehörlosengemeinschaft mit einem starken politischen Engagement für die Interessen und Rechte der Gehörlosen einsetzt. Ihr politischer Einsatz zielt insbesondere auf die Beseitigung von Kommunikationsbarrieren, Chancengleichheit, gesellschaftliche Anerkennung und Teilhabe. Um diese Forderungen erfolgreich umzusetzen, hat die Gehörlosengemeinschaft eine flächendeckende Organisationsstruktur gebildet, die von kleineren regionalen Vereinen bis hin zu großen nationalen und internationalen Verbänden reicht. Neben der politischen Aktivität bilden Kultur und Sport weitere Schwerpunkte in der Verbandsarbeit.
Gemeinsame Sprache
Der soziale Zusammenhalt in der Gehörlosengemeinschaft gründet sich auch auf der gemeinsamen Sprache, der Gebärdensprache. Sie ist ein wichtiges Identität stiftendes Mittel der Gemeinschaft. Mit ihr können Gehörlose barrierefrei und entspannt kommunizieren. Sie verfügt über eine große stilistische Bandbreite angefangen von der Alltags-DGS bis hin zu spielerischen Ausdrucksmöglichkeiten und Kunstformen, wie z.B. Gebärdensprachpoesie. Der regelmäßige soziale Kontakt mit anderen Gehörlosen hat einen sehr hohen Stellenwert in der Gemeinschaft. Privat oder in Vereinen werden die Kontakte gepflegt, in der eigenen Stadt und bundesweit.
Die Gebärdensprache und die Gehörlosenkultur sind untrennbar miteinander verwoben. Die Gehörlosenkultur wird durch Gehörlose selbst geprägt und gestaltet, indem sie den Kontakt zueinander pflegen und meist von Kind an in der Gehörlosengemeinschaft sozialisiert werden.
Gehörlosen Eltern mit gehörlosen Kindern kommt hier eine besonders wichtige Aufgabe zu, denn sie geben die Gebärdensprache und die kulturellen Traditionen der Gehörlosengemeinschaft an die nächste Generation weiter.
Als letzter bedeutender Baustein der Gehörlosengemeinschaft ist die gemeinsam erlebte Schulzeit von Gehörlosen zu nennen. Innerhalb von Schulen und Internaten lernen gehörlose Kinder und Jugendliche voneinander und trainieren im täglichen Miteinander ihr kulturelles Bewusstsein und verbessern ihre Kenntnisse der DGS. Dabei werden
gebärdensprachkompetente Kinder, die sich schon früh mit der Gehörlosenkultur identifiziert haben, als kulturelle und sprachliche Vorbilder geschätzt.
Die Gehörlosengemeinschaft ist eine sehr heterogene Gruppe, die taube Menschen in jedem Lebensalter aufnimmt.
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Übersetzung: Michaela Matthaei