Ursprung des Namens "Taubwissen"
Wie "Taubwissen" seinen Namen bekam (Stefan Goldschmidt, 2016)
Übersetzung
Moin! Ich möchte gerne darüber berichten wie „Taubwissen“ entstanden ist und das Projekt sich entwickelt hat.
Die Initialzündung kam von Heiko Zienert. Er hat hier früher gearbeitet, ist mittlerweile im Ruhestand.
Er sprach mich damals an und äußerte, dass er die Studierenden gerne über die vielen verschiedenen Themen der Kultur tauber Menschen informieren möchte und so überlegten wir beide, wie wir das schaffen könnten. Wir müssten dafür Daten und Materialien sammeln.
Ich fand die Idee gut und wichtig und so haben wir angefangen ein Konzept zu erstellen.
Zunächst war unser Ziel eine DVD mit verschiedensten Inhalten und Themen zu produzieren. Im weiteren Verlauf merkten wir aber, dass wir mit der Verwendung einer DVD schnell an unsere Grenzen stoßen. Für eine DVD müssten final einmal 100 % aller Informationen erfasst sein. Aber wann erreicht man bei solchen Inhalten 100%? Es kommen immer wieder neue Themen auf, neues entsteht, dahinter stehen dynamische Prozesse!
Wir haben überlegt, wie wir es machen können und haben dann erstmal im Kleinen weitergemacht.
Heiko ging dann in den Ruhestand und ich machte in kleinem Rahmen weiter.
Bis 2008 Christian Rathmann als tauber Professor zu uns ins Institut kam. Er fragte mich, wie ich mit meinem Vorhaben vorankomme. Ich erwiderte ihm, dass das Projekt ins Stocken geraten sei angesichts der Umsetzung mit Hilfe der Produktion einer DVD.
Er meinte prompt, dass die Inhalte doch besser im Internet aufgehoben seien. Damit hatte er vollkommen Recht, denn einer der große Vorteil am Internet ist, dass jede Menge Daten eingestellt werden können und eben diese mit Leichtigkeit ausgetauscht, verbessert und ergänzt werden können. Ich fand diese Idee sehr gut und gemeinsam besprachen wir das weitere Vorgehen. Bei den Überlegungen zu einem Namen schlug Christian „Taubwissen“ vor. Der Vorschlag gefiel mir gut und so bekam das Projekt seinen Namen „Taubwissen“ und konnte endlich weiter voranschreiten und bis heute wachsen.
Vielleicht stellen sich einige die Frage, warum mir das Projekt so am Herzen liegt, ich so motiviert bin und es immer weiter vorantreibe. Ich war damals für 5 Jahre in Amerika an der Gallaudet Universität in Washington D.C. Ich habe dort sehr viel über Bereiche wie Deaf Studies, Deaf Art, Psychologie, Soziologie, Geschichte der tauben Menschen und vieles mehr gelernt. All diese Bandbreite an Informationen habe ich in mir aufgenommen, förmlich aufgesogen. Denn in der Zeit als ich aufwuchs, habe ich keinerlei Informationen zu all diesen Inhalten erhalten, dementsprechend war mein Interesse dort sehr groß.
Als ich dann nach Deutschland zurückkehrte, begann ich hier Studierende im Bereich Deaf Studies zu unterrichten. Es war manchmal mühsam immer wieder alle Inhalte selber im Unterricht zu produzieren. Daher war ich immer froh, wenn ich mal Filmmaterialien als Informationsquelle anbieten konnte. So haben die anwesenden Studierenden alle wichtigen Informationen erhalten können.
Es gab dann aber den Moment, in dem ich dachte, was passiert mit all den Menschen, die nicht hier im Seminar sitzen? Wie können alle anderen Personen Zugang zu diesen Informationen erhalten?
Wir öffneten mit unserem Projekt eine Tür, um allen interessierten Menschen Informationen zugänglich zu machen. Eine Quelle von Informationen mit einem Zugang für einerseits unseren Studierenden aber eben auch allen anderen.
Es gibt einen weiteren dritten Vorteil von „Taubwissen“. Es war nicht mehr nötig, dass ich alle Inhalte selber gebärdete. Nein! Zum Beispiel für die Themen wie „Sehbehinderte“, „Taubblinde“ gebärde nicht ich, der kaum Erfahrung in den Bereichen hat, sondern Menschen, die selbst betroffen sind – sozusagen Originale! Diese Menschen nahm ich mit der Kamera auf. Ich stellte ihnen Fragen und gab ihnen den Raum, frei aus sich heraus zu gebärden. Sie gebärden authentisch und echt.
So nahm ich zu vielen verschiedenen Themen unterschiedliche Menschen an den verschiedensten Orten mit der Kamera auf und während diese gebärdeten, sammelte das Material und befüllte „Taubwissen“ mit all den Daten.
So wurde „Taubwissen“ zu einer Plattform angefüllt mit allgemeinen Inhalten und Informationen, mit Wissen, Unterrichtsmaterialien zu einem großen Themenspektrum über das man viel lernen und sich austauschen kann, das zudem allen Interessierten zur Verfügung steht.
Übersetzung aus der Deutschen Gebärdensprache (DGS) von Jutta Feuerle und Britta Harms