Erläuterung: Bezeichnung der Familienformen
Erläuterung: Bezeichnung der Familienformen (Stefan Goldschmidt, 2012)
Übersetzung
Es gibt drei unterschiedliche Konstellationen von Familien mit tauben Mitgliedern:
1.) Kind hörend, Eltern taub
2.) Kind taub, Eltern taub
3.) Kind taub, Eltern hörend
Hier gibt es noch jeweils eine Unterscheidung in der wissenschaftlichen und alltäglichen Betrachtung aus dem amerikanischen Gebrauch.
Bezeichnungen der drei Konstellationen:
1.) Kind hörend, Eltern taub:
Typischerweise stellt sich ein hörendes Kind von tauben Eltern in DGS mit der wissenschaftlichen Bezeichnung „CODA“ vor. Diese Abkürzung stammt aus den USA und setzt sich aus den Anfangsbuchstaben von „Child Of Deaf Adults“ (= Kind von hörenden Eltern) zusammen, welches sich dort stark verbreitet hat. Aus der elterlichen Perspektive heraus gebärden taube Eltern gebärden in dieser Konstellation im alltäglichen Gebrauch „Mein Kind ist hörend“ bzw. „Mein Kind ist ein CODA“. Die Kinder wiederum sagen, dass die Eltern gehörlos sind oder nicht hören können.
2.) Kind taub, Eltern taub
Eine taube Person, die auch taube Eltern hat, stellt dies in DGS meist in einem der folgenden Sätze dar: „Meine Eltern und ich sind taub.“
„Meine ganze Familie ist taub.“
„Die Mitglieder unserer Familie sind schon seit mehreren Generationen taub.“
In den USA werden taube Kinder, die taube Eltern haben, im wissenschaftlichen Sprachgebrauch als „Deaf of Deaf“ bezeichnet, gebärdet wird dies mit dem Fingeralphabet: „D-O-D“.
Innerhalb der amerikanischen Gehörlosengemeinschaft hat sich diese Bezeichnung jedoch nicht durchgesetzt. Stattdessen stellen sich dort taube Kinder von tauben Eltern auch wie in der DGS vor, z.B. mit dem Satz „All in my family are deaf “ bzw. sagen selbstbewusst, dass alle in meiner Familie taub und gebärdensprachig sind. In Deutschland gebärden taube Eltern in diesen ähnlichen Konstellationen und sagen zum Beispiel „In meiner Familie sind alle seit 3. Generation taub“.
3.) Kind taub, Eltern hörend
Eine taube Person, die hörende Eltern hat, stellt dies in DGS meist in einem der folgenden Sätze dar: „Ich bin taub und habe hörende Eltern.“ Wenn noch andere Mitglieder der Familie, z.B. Geschwister, Onkel etc. taub sind, wird dies meist auch erwähnt.
In den USA werden taube Kinder, die hörende Eltern haben, im wissenschaftlichen Sprachgebrauch als „Deaf of Hearing“ bezeichnet, gebärdet wird dies mit dem Fingeralphabet: „D-O-H“.
Innerhalb der amerikanischen Gehörlosengemeinschaft hat sich diese Bezeichnung jedoch nicht durchgesetzt. Stattdessen stellen sich dort taube Kinder von hörenden Eltern auch ähnlich wie in der DGS vor, z.B. mit dem Satz „I’m deaf and my parents are hearing“ oder betonen, dass sie der einzige Gehörloser in der Familie sind. Hörende Eltern sagen in dieser Konstellation (abhängig von ihrem Wortgebrauch und Informationsstand) zum Beispiel: „Mein Kind ist taub“, „Mein Kind kann nicht hören“ bzw. „gehörlos“ oder „hörgeschädigt“.
Interessanterweise werden in den USA sowohl hörende als auch taube Kinder gehörloser Eltern als CODAs bezeichnet. In Deutschland wird der Begriff hingegen überwiegend für hörende Kinder tauber Eltern verwendet.
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Übersetzung: Britta Harms und Michaela Matthaei