Freie Deutsche Jugend in der Schule
Freie Deutsche Jugend (FDJ) in der Schule (Daniela Michel & Pia Neumann, 2012)
Übersetzung
Pia Neumann (links im Bild mit blauem Halstuch):
Ich trage für diese Filmaufnahme einen Teil einer alten Original-Schuluniform aus der DDR-Zeit: Eine FDJ-Bluse mit Halstuch und dem Abzeichen auf dem linken Oberarm. Bis zum Mauerfall wurden diese Uniformen in der Schule getragen. Ich ging damals in Güstrow zur Schule und trug genau so eine Uniform.
Daniela Michel (rechts im Bild mit rotem Halstuch):
War das eine Gehörlosenschule?
Pia Neumann:
Ja.
Daniela Michel:
Ich bin in Dresden auf die Schwerhörigenschule gegangen und habe diese Uniform auch häufig getragen. Allerdings trage ich sie jetzt für die Filmaufnahme mit einem roten Halstuch.
Das blaue Tuch wurde von den sog. „Jungpionieren“ (erste bis einschließlich vierte Klasse) getragen. Von der fünften bis einschließlich der siebten Klasse war man„Thälmann-Pionier“ und trug das rote Halstuch. Von der achten bis zur zehnten Klasse trug man die blaue FDJ-Uniform mit dem gelben Abzeichen am linken Oberarm. Ich war sehr stolz, Pionier zu sein und hatte mich schon sehr auf den Tag gefreut, an dem ich endlich die blaue Uniform bekommen würde. Dazu kam es jedoch nicht mehr, weil vorher die Mauer fiel. Ich habe hier das gelbe Abzeichen aus der Zeit dabei.
Pia Neumann:
Ich erlebte den Mauerfall in der dritten Klasse, daher habe ich auch nicht mehr das rote Tuch bekommen.
Wer Klassensprecher war, trug unter dem Abzeichen am Oberarm einen aufgenähten Streifen in der Farbe des Halstuchs. Schulsprecher trugen zwei Streifen. Schüler, die darüber hinaus noch höhere Verantwortung hatten, vermutlich im politischen Bereich, trugen drei Streifen.
Ich habe mir von Daniela ihre Uniform geliehen. Meine eigene passt mir heute nicht mehr, ich war damals noch sehr klein, aber ich habe sie mitgebracht (faltet sie auseinander) und man kann sehen, dass ich damals auch zwei blaue Streifen getragen habe.
Außerdem kann ich hier den Mitgliedsausweis für die „Jungen Pioniere“ zeigen, den jeder hatte und in der rechten Brusttasche der Uniform tragen musste.
Die Uniformen mussten nicht täglich getragen werden, aber z.B. an Tagen, an denen ein Flaggenappell stattfand.
An meiner Schule haben sich dazu alle Schüler von der ersten bis zehnten Klasse, die Lehrer und der Schulleiter in Uniform in einer Reihe auf dem Schulhof um den Fahnenmast aufgestellt. Dann wurde die Flagge der DDR gehisst- man sieht sie hier hinter Daniela und mir an der Wand.
(Anm. d. Ü.: Diskussion zwischen Daniela und Pia, ob dabei Klassen- oder nur Schulsprecher vortreten mussten, um eine Ansprache zu halten)
Die Schulsprecher aus den unterschiedlichen Klassenstufen durften dann einzeln vortreten, um jeweils eine kurze Ansprache zu halten.
Daniela Michel:
Es war immer ein bisschen lustig zu sehen, wie beim Appell alle wie die Orgelpfeifen nach Alter und Größe geordnet da standen, wie man Jahr für Jahr weiter aufrücken durfte und man irgendwann nicht mehr zu den „Kleinen“ gehörte. Dass bei euch der Appell immer draußen stattfand, finde ich interessant. Auch bei schlechtem Wetter?
Pia Neumann:
Das habe ich mich auch eben gefragt. Ich weiß nur noch, dass es im Frühling und Sommer immer draußen stattfand. An schlechtes Wetter kann ich mich dabei nicht erinnern.
Daniela Michel:
Bei uns fand der Appell in der Eingangshalle statt, wenn das Wetter nicht mitspielen wollte. Dort war aber wenig Platz und wir mussten dicht zusammen rücken. Vielleicht hing es von den räumlichen Bedingungen der einzelnen Schulen ab, wo der Appell stattfand. Wie sah denn dein Schulgebäude aus, war das ein typischer DDR-Bau, wie man ihn auch von Schulen für Hörende kannte?
Pia Neumann:
Nein, das war eine Kombination aus Schule und Internat und es hatte die Form wie ein Hufeisen.
Daniela Michel:
Dann fand der Appell bei euch wohl aus Platzgründen draußen statt.
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Übersetzung: Britta Harms und Michaela Matthaei