Erfahrungsbericht 1: Begegnung mit verschiedenen DGB-Präsident:innen
Meine Begegnungen mit verschiedenen DGB-Präsident:innen (Rudolf Gast, 2010)
Übersetzung
1966 wurde ich zum ersten Mal als Schatzmeister in den Landesvorstand gewählt.
Damals bin ich das erste Mal mit dem Präsidium des Deutschen Gehörlosenbundes in Kontakt gekommen bzw. wurde ich mit ihm konfrontiert.
Zu der Zeit war Bruno Kühne (1961-1968) aus Hamburg Präsident des DGBs.
Als damals in Schleswig einmal der Bundestag tagte, habe ich unseren Landesverband vertreten, weil der Vorsitzende im Rahmen einer Jugendfahrt unterwegs war und darum nicht teilnehmen konnte.
Und dort in Schleswig sah ich Bruno Kühne. Er wirkte sehr distinguiert und legte einen sehr eindrucksvollen Auftritt hin. So richtig, wie sich das für einen Präsidenten gehört.
Wir haben uns vor Ort ein wenig unterhalten und hatten im weiteren Verlauf immer mal wieder korrespondiert. Da war ich damals stolz drauf. Immerhin korrespondierte ich mit dem Präsidenten und das obwohl ich erst 25 Jahre alt war!
Bruno Kühne verstarb später sehr überraschend.
Fritz Ellmers wurde sein Nachfolger. Er war ein Mann von kleiner und etwas pummeliger Statur. Er war damals hier in Bayern nach der Kriegszeit eine wichtige Person. Er gründete in Nordbayern ein bis zwei neue Vereine.
Seine Amtszeit als Präsident war nicht so lange.
Ihm folgte Wolfgang Czempin aus Frankfurt. Er hat vieles vorangetrieben und war auf Zack.
Er delegierte manchmal Aufgaben an mich. Er bat mich zum Beispiel etwas zum Thema Gebärdensprache zu machen. Czempin war stinksauer, weil zu der Zeit alle Taubstummenlehrer die Nutzung der Gebärdensprache abgelehnt haben. Gebärdensprache an der Schule? Nein, Danke! So hieß es damals.
Weil ihn das so erzürnte, wählte er einige gehörlose Menschen aus, darunter auch mich und auch Peter Donath aus München, der damals Vorsitzender von der Elternvereinigung Deutschlands war. Der war eine wirklich große Stütze für uns und unser Anliegen. Außerdem waren auch Vertreter:innen der evangelischen und katholischen Kirche involviert.
Ich glaube wir haben über 1,5 Jahre gemeinsam gearbeitet, diskutiert und konzipiert bis wir uns einig waren. Dann endlich hat Peter Donath das „Münchener Gebärdenpapier“ auf den Weg gebracht. (Anmerkung der Übersetzerin: Darin wird die gesetzliche Einführung von Gebärdensprache im Schulunterricht gefordert)
In meinen Augen war das der erste Schritt auf dem Weg – und die Pille mussten die Lehrerschaft schlucken - die Tür zum ersten Mal einen Spalt zu öffnen, um Gebärdensprache im Unterricht zu integrieren. Wirklich überzeugt bzw. mit dem Herzen dabei waren die leider nicht. Aber was sollte es? Wir hatten es geschafft, den Stein ins Rollen zu bringen. Das war Czempins „Pulver“ was wir dort verschossen – sein Verdienst.
Er ist später überraschend zurückgetreten.
Dann trat Robert Brück die Position an. Er war der kommissarische Präsident. Wer sollte Nachfolger werden? Ich fragte mich selber, ob ich Interesse hätte, den Gehörlosenbund zu vertreten. Aber ich war zu der Zeit schon im Sportverband stark involviert und sehr aktiv. Damals war Friedrich Waldow Präsident des Sportverbandes. Er wollte nicht, dass ich zum Deutschen Gehörlosenbund wechselte.
Er bat mich, dass ich dem Sportverband zu bleiben. Naja, die Arbeit für den Sportverband hat mir Spaß gemacht. Ich war dort bereits 20 Jahre im Präsidium.
Ich habe dann gesehen, dass ich letztlich keine Chancen gehabt hätte gegen Ulrich Hase. So ist Ulrich Hase der nächste Präsident des Gehörlosenbundes geworden.
Unter Uli Hase begann ein Aufschwung des Gehörlosenbundes. Das Ansehen wuchs. Uli Hase war Stadtrat in irgendeiner Stadt und konnte daher sehr gut mit Hörenden umgehen. Er war eine wortgewaltige Person. Es ging steil bergauf mit dem Deutschen Gehörlosenbund.
Dann wurde Gerlinde Gerkens Präsidentin des Deutschen Gehörlosenbundes.
Ich habe diese verschiedenen Präsident:innen des DGBs erlebt und finde das sehr interessant. Ich kann behaupten, dass wir Gehörlosen stolz sein können auf diese grundlegenden Errungenschaften. Dadurch sind wir Gehörlosen heute in Deutschland gleichberechtigt.
Übersetzung aus der Deutschen Gebärdensprache (DGS) von Jutta Feuerle und Britta Harms.