Sozialdienst Oberbayern - Region 14
Sozialdienst Oberbayern- Region 14 (Thomas Wartenberg, 2010)
Übersetzung
Ich bin Sozialarbeiter und Sozialpädagoge und arbeite beim Sozialdienst für Gehörlose. Das ist ein Fachdienst unter dem Dach des GMU (Gehörlosenverband München und Umland e.V.). Der GMU ist ein anerkannter Dienst der offenen Behindertenarbeit. Er wird vom Bezirk Oberbayern finanziell unterstützt. In jedem Bezirk Bayerns gibt es so einen Sozialdienst für Gehörlose, in großen Bezirken sogar mehrere. So gibt es z.B. in Oberbayern drei Sozialdienste. Der Sozialdienst, bei dem ich arbeite, konzentriert sich in seinen Aufgaben auf Menschen, die in den acht Landkreisen des Münchner Umlands leben. Das Angebot der Sozialdienste richtet sich in erster Linie an die Menschen, die von einer Hörschädigung betroffen sind, d.h. gehörlose, schwerhörige und spätertaubte Menschen. Des Weiteren werden auch hörende Eltern und Bezugspersonen mit einbezogen und auch andere Fachdienste und Einrichtungen, die mehr über das Thema Hörschädigung erfahren möchten, beraten wir gern. Das Besondere an uns ist, dass wir Beratung und Kommunikation in Gebärdensprache anbieten und uns so gut auf die Bedürfnisse hörgeschädigter Menschen einstellen können. Das können andere Sozialdienste nicht, denn dort mangelt es in der Regel an Gebärdensprachkompetenz.
In dem Sozialdienst, bei dem ich arbeite, bin ich der einzige Gehörlose unter hörenden Kollegen. In anderen Bezirken gibt es auch vereinzelt gehörlose Mitarbeiter in den Sozialdiensten, Hörende bilden aber auch dort die Mehrheit, wobei ihre Gebärdensprachkompetenz unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Die Bereiche in denen wir beraten, umfassen sämtliche Lebenslagen und reichen von persönlichen Problemen über finanzielle Schwierigkeiten bis hin zu juristischer Beratung und Hilfe beim Erstellen von Anträgen, sowie Erklären von schriftlichen Informationen. Ziel der Beratung ist, dass der Kunde ganz individuell Information und Unterstützung erhält.
Außerdem bietet der Sozialdienst auch einen Begleitservice an, z.B. für Behördengänge. Da die Mitarbeiter in kommunalen Verwaltungen in der Regel keine Gebärdensprache beherrschen, läuft eine Kommunikation mit hörgeschädigten Kunden ohne Unterstützung nicht barrierefrei und kann für beide Seiten sehr unbefriedigend sein. Damit Hörgeschädigte mit Hörenden ohne Barrieren und auf Augenhöhe kommunizieren können, stehen gebärdensprachkompetente Mitarbeiter des Sozialdiensts als Begleiter für Behördengänge bereit. Sie sorgen für eine reibungslose Verständigung, indem sie bei der Kommunikation assistieren, beide Gesprächspartner bei Unklarheiten unterstützen, schriftliche Texte bei Bedarf in Gebärdensprache übersetzen und praktische Tipps zum Umgang mit Hörgeschädigten geben. Der Hauptarbeitsbereich dieser Begleiter liegt dabei auf der Unterstützung bei schriftlicher Kommunikation. Viele Gehörlose haben so große Probleme mit der deutschen Schriftsprache, dass sie manche Briefe erst gar nicht öffnen. Obwohl die staatlichen Einrichtungen wie Ämter und Behörden zur Barrierefreiheit aufgerufen sind, und z.B. schriftliche Mitteilungen und Informationen in leichter Sprache verfassen sollen, kommen viele dieser Forderung noch nicht nach. Mithilfe eines gebärdensprachkompetenten Begleiters können inhaltlich überfordernde Texte jedoch zeitnah bearbeitet werden. Außerdem bietet der Sozialdienst Hausbesuche an, z.B. für gehörlose Menschen, die eine zusätzliche Behinderung haben, wie z.B. eine Gehbehinderung.
Auch alleinerziehende Gehörlose haben manchmal Unterstützungsbedarf, sie besuchen wir dann auch und kümmern uns um sie vor Ort, helfen z.B. bei dem Ausfüllen von Antragsformularen oder bei der Kommunikation mit hörenden Nachbarn. Da ich selbst gehörlos bin, assistiert mir in meiner Tätigkeit als Begleiter auch oft eine hörende Person, die für meine Telefonate und Gespräche mit Hörenden dolmetscht.
___
Übersetzung: Britta Harms und Michaela Matthaei