Erfahrungsbericht 1: Aufgaben als ICSD-Vizepräsident
Meine Aufgaben als Vizepräsident des International Committee of Sports for the Deaf (ICSD) von 2009 - 2011 (Josef Willmerdinger, 2010)
Übersetzung
Als Vizepräsident des ICSD setze ich mich besonders für internationale Sportveranstaltungen und Weltmeisterschaften für taube Menschen ein. Bisher gab es nur sehr vereinzelt Weltmeisterschaften für taube Sportler. Inzwischen hat sich die Situation schon etwas verbessert: In den letzten vier Jahren gab es 19 Weltmeisterschaften für taube Sportler. Viele Länder sind damit aber noch überfordert und brauchen noch Unterstützung bei der Verhandlung mit Geldgebern in den Ministerien, um so eine Veranstaltung professionell auszurichten. In vielen Ländern wird entweder der hohe Organisationsaufwand gescheut und der Kopf in den Sand gesteckt oder man verfällt in blinden Aktionismus und macht alles komplizierter als es ist. Ich finde, dass taube Menschen sehr wohl so eine Veranstaltung ausrichten können, wenn sie für einen Weltmeistertitel kämpfen wollen. Wichtig ist aber, wie sich das Organisationskomitee zusammensetzt. Meine Erfahrung ist, dass die Athleten selbst die höchste Motivation zeigen, solche großen Wettbewerbe zu veranstalten- sie sind die Zugpferde im Gehörlosensport. Sie müssen in die Vorstände, dann geht die Sportpolitik besser voran. Ich war früher auch Athlet und habe mir damals immer gewünscht, an einer Weltmeisterschaft teilnehmen zu können, aber es gab keine für uns, das war sehr frustrierend! Nun habe ich mich dafür stark gemacht und die erste Fußball-Weltmeisterschaft organisiert. Ich hätte auch liebend gern selbst mitgespielt, das ging aber nicht. Aber ich habe dazu beitragen können, dass die nachfolgenden Generationen die Gelegenheit zum internationalen Kräftemessen bekommt. Ich sehe, dass sich die Dinge heute auch dank meiner Arbeit sehr gut entwickeln.
Außerdem kümmere ich mich um die Organisation des Internationalen Sportfests und andere Events. Meine frühere Arbeit als Sportdirektor im ICSD ist mit meinen Aufgaben als Vizepräsident nicht zu vergleichen. Als Sportdirektor war ich für die Basis der tauben Sportler zuständig. Nun habe ich als Vizepräsident einen Sportdirektor, mit dem ich eng zusammen arbeite und ohne den die vielen Aufgaben nicht zu bewältigen wären. Die Arbeit macht mir viel Spaß.
Ich wünsche mir, dass der ICSD als Institution eine ähnliche Anerkennung wie das IOC erfährt. Denn ich sehe, dass viele taube Sportler immer argumentieren, die Hörenden würden alles leichter haben. Ich halte dann immer dagegen und behaupte: Es ist alles Notwendige für euch da, ihr müsst es nur anwenden und eure Ideen praktisch umsetzen. Aber Ihr müsst auch bereit sein, zusammen zu arbeiten und euch von Minderwertigkeitskomplexen zu befreien! Nichts ist unmöglich! Taube Menschen können alles erreichen, was sie sich vornehmen. Ich wünsche mir, dass sich taube Sportverbände in Zukunft immer häufiger zutrauen, sportliche Großveranstaltungen durchzuführen. Zur Zeit sehe ich diesen Mut in vielen Ländern nicht. Dort wird leider noch viel zu oft gleich der Kopf in den Sand gesteckt. Hier muss der ICSD noch viel Unterstützung leisten.
Der ICSD möchte auch mehr mit Organisationen für hörende Sportler zusammenarbeiten, auch um dort über Gehörlosigkeit und unsere Bedürfnisse zu informieren und aufzuklären. Ich könnte mir dazu z.B. Workshops oder Seminare mit Vertretern des ICSD, IOC und Sportaccord vor. Sportaccord ist eine sehr bedeutende Vereinigung von internationalen Sportverbänden. Da der ICSD schon Mitglied im Sportaccord ist, genießen wir dort schon eine gewisse Anerkennung, die wir dort auch in Zukunft stärker nutzen wollen. Wir wollen, dass Hörende auf uns aufmerksam werden, dass es auch taube Sportler zwischen ihnen gibt. Beispielsweise hat vor Kurzem eine Sitzung von Sportaccord in Dubai statt gefunden, auf der ich erst einmal einen Vortrag über Deaflympics halten musste, da trotz Internet keiner von den Anwesenden davon wusste. Dabei erreicht man aber nur die Leute aus den ersten Reihen der Verbände, nicht die Personen hinter den Kulissen, die erreicht unsere Aufklärung oft nicht. Deshalb bleibt für uns auch hier noch viel zu tun. Mein Traum für die Zukunft ist, dass taube Sportler wie hörende Sportler mit einem gesunden Selbstvertrauen und Selbstverständnis an Wettbewerben teilnehmen und der Einstellung folgen: Alles ist möglich!
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Übersetzung: Britta Harms und Michaela Matthaei