Leben nach der Ertaubung
Leben nach der Ertaubung (Käthi George, 2012)
Übersetzung
Ja. Als ich damals ertaubte, brach meine ganze Welt zusammen.
Ich war das so nicht gewohnt. Ich meine, ich konnte nicht von den Lippen ablesen. Ich war ja immer mit Hörenden zusammen. Nach der Ertaubung hatte ich auch zunächst noch keinen Kontakt mit Gehörlosen.
Ich besuchte dann die Gehörlosenschule. Aber wirklich viel Wissen wurde mir dort nicht an die Hand gegeben. Eigentlich gar keins.
Und als ich das 14. Lebensjahr vollendet hatte, wurde ich aus der Schule entlassen.
1948 war damals eine wirklich schlechte Zeit. Es war nicht klar, was ich machen sollte, wohin ich sollte, welche Arbeit ich leisten konnte.
Letztlich hat mich eine Tante aufgenommen und ich konnte eine Ausbildung zur Schneiderin machen.
Als die Tante starb, habe ich ihr Geschäft übernommen.
Bis ich später heiratete. Ich meine aber nicht Jean-Pierre, sondern meinen ersten Mann. Er war auch gehörlos. Ich brachte dann eine Tochter zur Welt. Dies bedeutete für mich das Ende im Sport. Tja, so war das. Ich wollte eigentlich noch einmal an den Weltspielen der Gehörlosen in Mailand* teilnehmen.
Das war einerseits schade aber anderseits hielt ich dafür mein Baby in den Armen. Das war auch sehr schön.
*(Anmerkung der Übersetzerin: dies war 1957. Offiziell hießen die Spiele ursprünglich von 1924 bis 1965 „International Games for the Deaf“, 2001 Umbenennung der Spiele in Deaflympics.)
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Übersetzung aus der Deutschen Gebärdensprache (DGS) von Jutta Feuerle.