Zur Situation tauber Muslim:innen in Deutschland am Beispiel Schule
Zur Situation tauber Muslim:innen in Deutschland am Beispiel Schule (Ege Karar, 2011)
Übersetzung
Die hörende Mehrheitsgesellschaft in Deutschland bildet gewisse Rahmenbedingungen, mit denen Muslime konfrontiert sind. Diese betreffen Politik, Kultur, Freizeitgestaltung und Schule. Der Bau einer Moschee und die damit verbundenen Entscheidungen, wie z.B. über Größe der Kuppel oder die Höhe des Minaretts, müssen in Abstimmung mit politischen Rahmenbedingungen erfolgen. Nicht selten kommt es dabei zu Meinungskonflikten.
Ich habe eine Schule mit gehörlosen Kindern besucht und habe damals selbst erlebt, wie verunsichert ein Lehrer bei der Überlegung war, mir „Frohe Weihnachten“ zu wünschen. Er streckte mir die Hand entgegen und fragte mich, ob das überhaupt passe. Ich nahm es locker, schlug ein und wünschte ihm auch ein frohes Fest.
Das Beispiel zeigt aber, dass in der Erziehung oftmals nur unzureichend über andere Kulturen aufgeklärt wird und so Berührungsängste entstehen können. Ein Austausch zwischen den betreffenden Eltern an der Schule wäre sehr hilfreich gewesen, aber an meiner Schule gab es so etwas nicht. Jedenfalls habe ich es früher nicht so wahrgenommen.
Im Jahr 2009 wurde ich als Gastredner zur Tagung des DFGS (Deutscher Fachverband Gehörlosen-und Schwerhörigenpädagogik) nach Würzburg eingeladen, um mit den zahlreichen Teilnehmern, Pädagogen aus ganz Deutschland, über Erfahrungen und Lösungsvorschläge im Umgang mit dem Islam an Gehörlosen-und Schwerhörigenschulen zu diskutieren.
Die Diskussionsteilnehmer und ich waren uns bald einig, dass die kulturelle Erziehung sehr entscheidend ist. Wenn kulturelle Hintergründe bekannt sind, können z.B. auch wichtige Feiertage und Feste in der jeweiligen Glaubensgemeinschaft im Unterricht berücksichtigt werden. Kulturell gebildete Pädagogen können dann anhand von ausgewählten Beispielen kulturell kontrastiven Unterricht praktizieren, z.B. in der Klasse auf das Weihnachtsfest eingehen und im Zuge dessen auch auf ein islamisches Fest, zum Beispiel das „Ramazan Bayrami“ (Fest des Fastenbrechens) eingehen.
Auf diese Weise können Berührungsängste abgebaut und das Verständnis der Kulturen für einander verstärkt werden.
In Ländern wie Frankreich oder Großbritannien wird das Thema „Kulturelle Erziehung“ im Übrigen schon seit Längerem umgesetzt. Die Kinder dort sind den deutschen Kindern in Bezug auf kulturelle Kompetenz deutlich voraus, weil sie von früh an lernen, mit anderen Kulturen richtig umzugehen. Es ist wichtig, die dort gewonnenen Erkenntnisse auch in Deutschland in die Praxis umzusetzen, um hier ein stärkeres Miteinander der Kulturen zu fördern.
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Übersetzung: Britta Harms und Michaela Matthaei