Dr. Ulrich Hase - Erfolge im Amt
Hase: Erfolge während meiner Amtszeit von 1989 - 1999 (Dr. Ulrich Hase, 2011)
Übersetzung
Wir hatten viele Erfolge während meiner Amtszeit. Aber eine Sache möchte ich doch hervorheben: Die Gehörlosenbewegung und der Gehörlosenbund passten früher eigentlich nie so richtig zusammen: Junge gehörlose Menschen und auch die Basis der Gehörlosengemeinschaft haben sich mit dem Gehörlosenbund nie identifizieren können. Das wollte ich unbedingt ändern, denn mir war es wichtig, dass sich Gehörlose mit ihrem Verband identifizieren können und stolz darauf sind, dass der Verband die Interessen seiner Mitglieder ernst nimmt und sich aktiv für sie einsetzt. Rückblickend kann ich sagen, dass mir das gelungen ist.
Ein zweiter wichtiger Erfolg war die Einrichtung einer Geschäftsstelle. Vorher gab es kein professionelles Büro und keine hauptamtlichen Mitarbeiter. Ich habe damals also erstmal eine Geschäftsstelle mit einem Büro aufgebaut und die ganzen Verwaltungsangelegenheiten, Finanzplanung usw. ganz neu strukturiert, also das ganze System aufgebaut. Außerdem habe ich zwei bis drei Mitarbeiter eingestellt, das hat aber Jahre gedauert und mich viele Mühen gekostet, bis ich die Finanzierung der Personalmittel bewilligt bekam.
Der dritte große Erfolg war die Einführung der „Kulturtage“, sie sollten die Identifikation zum Gehörlosenbund stärken und als Großveranstaltung dem Austausch und Wiedersehen innerhalb der Gemeinschaft dienen aber auch der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit.
Die ersten Kulturtage fanden in Hamburg statt und waren ein voller Erfolg. Die zweiten waren auch schön, aber sehr teuer, wodurch einige Probleme bei der Finanzierung auftraten.
Auch die Vorstandsarbeit war sehr effektiv: Es waren längst nicht mehr nur Schwerhörige und Ertaubte im Vorstand, sondern eine breite Basis vertreten durch zunehmend junge engagierte Gehörlose. Das war sehr wichtig und wir hatten in dieser Zusammensetzung ein starkes Fundament für unsere Arbeit.
Selbstverständlich gab es jede Menge Bildungsveranstaltungen in Form von Seminaren, Tagungen, etc. Das war eine turbulente Zeit und da ist eine Menge passiert.
In politischer Hinsicht haben wir mit der Anerkennung der Gebärdensprache natürlich in meiner Amtszeit einen Meilenstein für die Gehörlosengemeinschaft geschaffen. Die Grundlagen dafür waren schon vorher in verschiedenen Regelungen vorbereitet worden. Aber erst in meiner Amtszeit gelang es, die Gehörlosengemeinschaft wieder für die Ziele des DGB zu überzeugen. Diese Identifizierung mit dem Verband war sehr wichtig. Erst als die Ziele des DGB von der breiten Basis seiner Mitglieder mit getragen wurden, konnten sie auch in die Praxis umgesetzt werden.
Wir haben so die Grundlage für die Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache geschaffen, es kamen weitere Erfolge mit dem Bundesgleichstellungsgesetz und dem Sozialgesetzbuch VIIII, das waren wirklich große Erfolge in meiner Amtszeit.
Das wirklich Grausame war für mich nicht die politische Arbeit. Das Anstrengende war, alte Konflikte innerhalb des Gehörlosenbundes aufzulösen, um wieder gemeinsam für eine Sache kämpfen zu können. Es wurde sich um Gebärdensprache und Emanzipation so gestritten! Das Thema „Empowerment“ wie es heute genannt wird, ist heute für viele ein ganz alter Zopf! Aber damals kannte man das noch nicht und diese Bewegung zu fördern, war nicht so einfach.
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Übersetzung: Britta Harms und Michaela Matthaei