Lesben in der Gehörlosengemeinschaft
Lesben in der Gehörlosengemeinschaft (Simone Lönne, 2010)
Übersetzung
In diesem Abschnitt geht es um das Verhältnis zwischen der Gehörlosengemeinschaft und gehörlosen Lesben. Ich kann aus meiner persönlichen Erfahrung berichten, dass es früher, um 1990 nicht leicht war, als Lesbe in der Gehörlosengemeinschaft akzeptiert zu werden. Man reagierte dort auf meine Homosexualität überwiegend mit Unverständnis und Ablehnung. Das hat mich damals sehr verwundert, denn die Leute, die mich damals schräg anguckten, kannten mich doch schon viele Jahre, zum Teil seit meiner Kindheit. Das Thema wurde von diesen Leuten aber nie offen angesprochen.
Ich habe aber auch erlebt, dass in Gehörlosenvereinen aus Angst vor einem Imageschaden lesbische Mitglieder zum Austritt aufgefordert wurden, das war schon erschreckend. Heute finden solche Diskriminierungen innerhalb der Gehörlosengemeinschaft nicht mehr statt. Aus meiner Sicht spielt dort die sexuelle Ausrichtung keine Rolle mehr, weil die Community toleranter geworden ist, und diese Entwicklung begrüße ich sehr.
Allerdings frage ich mich, wie es jungen gehörlosen Frauen im Alter zwischen 14 und 20 ergeht, die auf dem Weg zu einer lesbischen Identität sind. Und auch gehörlose Lesben mit Migrationshintergrund sind eine Gruppe, über die wir noch zu wenig wissen und deren Unterstützungsbedarf wir nicht gut einschätzen können. Gehörlose Lesben, die einer anderen Religionsgemeinschaft angehören, begegnen wir leider auch selten. Wir würden z.B. gern einmal erfahren, wie es muslimischen gehörlosen Frauen geht, die sich zu anderen Frauen hingezogen fühlen. Darüber wissen wir noch nichts.
Und mir fehlt der Austausch zwischen gehörlosen Lesben aus verschiedenen Generationen.
Bei der Beschreibung gehörloser Lesben reichen die Bezeichnungen von „besonders“ bis hin zu „vollkommen normal“. Ich würde gehörlose Lesben vor allem als „schön“ bezeichnen, weil sie sich alle voneinander unterscheiden. Es sind alles Frauen, aber ihre Rollen und ihr Auftreten sind äußerst vielfältig. Zum Beispiel gibt es den sehr femininen Typ, das sind Lesben, die das Haar meist lang tragen und gern Röcke anziehen. Dem gegenüber steht der männliche Typ, also Lesben, die sich wie ein Mann fühlen und sich entsprechend männlich kleiden und sich manchmal auch einen Bart wachsen lassen. Es gibt den ökologisch bewussten Typ, also Lesben, die nur Bio-Lebensmittel kaufen und sich umweltbewusst kleiden. Diese extremen Unterschiede in der Lesben-Szene finde ich sehr reizvoll. Bei den heterosexuellen Frauen gibt es zwar auch verschiedene Gruppen, die individuellen Unterschiede dort sind aber aus meiner Sicht nicht so stark wie bei uns Lesben. Und was mir an den Lesben auch besser gefällt: Wir können besser feiern!
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Übersetzung: Britta Harms und Michaela Matthaei