Einsatz für die DGS
Wie ich mich von LBG abgrenzte und mich für die DGS einsetzte (Heiko Zienert, 2011)
Übersetzung
Ja, das ist wirklich eine lange Geschichte.
Früher bin ich den Hörenden immer in einer Form hinterhergelaufen, immer unterlegen und höflich. Ich bemühte mich saubere Sätze zu sprechen und fühlte mich durch sie dennoch immer herabgesetzt. Ich war unselbständig, hatte ein schwaches Selbstvertrauen und schlug mich irgendwie so durch. Zu anderen Gehörlosen hatte ich aber immer viel Kontakt und dort fühlte ich mich auch sehr wohl, z.B. beim Sport.
Ich bemerkte erst Anfang der 1980er Jahre, dass da etwas nicht stimmte. Zu dieser Zeit begann in Hamburg die erste Ausbildung für „Gebärdendolmetscher“( damals hießen sie noch nicht „Gebärdensprachdolmetscher“ wie heute). Diese Ausbildung wurde staatlich gefördert und richtete sich an Sozialarbeiter. Die Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen in Hamburg setzte Bernd Rehling, Wolfgang Schmidt, Alexander von Meyenn und mich als Dozenten ein. Man vermittelte den Teilnehmern jedoch nur Lautsprachbegleitende Gebärden (kurz: LBG), aber nicht die DGS!
Bernd Rehling und Wolfgang Schmidt beherrschten die Deutsche Grammatik, konnten sehr gut sprechen und korrigierten bei unseren Teilnehmern selbst die kleinsten Fehler. Wolfgang beherrschte auch sehr gut LBG und ich will ihm das auch gar nicht vorwerfen, denn ich schätze ihn sehr. Alexander und ich waren in der Deutschen Lautsprache aber überhaupt nicht sicher, und wir waren aufgeschmissen, wenn in LBG kommuniziert wurde.
Ich wollte vielmehr die DGS aus mir hervorbringen und den Teilnehmern zeigen, wie die Welt der Gehörlosen wirklich war und welche Sprache wir miteinander nutzen!
Aber ich kam gegen Bernd und Wolfgang nicht an, obwohl ich mich immer wieder zu Wort meldete. Die beiden erklärten mir immer wieder, dass sie auf dem richtigen Weg waren und behandelten mich wie einen Zweitklässler. Ich hatte deswegen schlaflose Nächte und wurde immer wütender. Hinzu kam der Gedanke, wo diese Ausbildung eines Tages enden würde: Sollte ich als Gehörloser einmal in die Situation kommen, einen Gerichtstermin wahrnehmen zu müssen, hätte ich dort ja über einen dieser Dolmetscher in LBG kommunizieren müssen. Da hätte ich doch schon verloren, weil wir einander überhaut nicht verstanden hätten! Nein, LBG war nicht meine Stärke.
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Übersetzung: Britta Harms und Michaela Matthaei