Erinnerungen an den Kampf um die DGS
Erinnerungen um den Kampf um die DGS (Heiko Zienert, 2011)
Übersetzung
In Hamburg verbreitete sich unter den Gehörlosen trotz einiger Bedenken recht schnell die frohe Neuigkeit, dass wir nun mit der DGS eine eigene Sprache hätten. Die Älteren unter ihnen hatten größere Vorbehalte als die jüngere Generation und fanden die Bezeichnung „DGS“ auch eher unpassend. Aber diese kleineren Diskussionen änderten nichts daran, dass sich der Begriff „DGS“ gemeinsam mit einem wachsenden Bewusstsein über die eigene Sprache unter den Hamburger Gehörlosen verbreitete.
Diese Entwicklung ging in den restlichen Bundesländern jedoch nur schleppend und unter vielen harten Auseinandersetzungen voran. Die meisten Gehörlosen glaubten einfach nicht daran, dass ihre Kommunikation eine eigenständige vollwertige Sprache sein sollte und somit scheiterte die Akzeptanz am mangelnden Vorstellungsvermögen vom Wert der DGS. Schließlich war ihnen schon seit frühester Kindheit eingetrichtert worden, dass nur derjenige, der gut spricht, auch ein „normaler Bürger“ sei. Für sie war es wichtig, saubere grammatisch korrekte Sätze zu sprechen, ggf. unterstützt von lautsprachbegleitenden Gebärden. Dabei haben sich die meisten dieser Gehörlosen im privaten Miteinander in fließender DGS unterhalten, lebhaft erzählt, Witze zum Besten gegeben etc. Aber sie konnten diesen Sprachschatz nicht in anderen Situationen verwenden, z.B. wenn sie einen Vortrag halten mussten.
Es bildeten sich zwei Lager, eins war der DGS gegenüber positiv und offen eingestellt, das andere betrachtete sie als ihren Feind. Da mussten wir über eine lange Zeit sehr viel Aufklärungs-und Überzeugungsarbeit leisten, bis wir auch unsere Kritiker und Skeptiker für unsere Sichtweise gewinnen konnten. Wir haben ihnen immer wieder erklärt, was die DGS alles ausdrücken kann und uns bemüht ihre Vorurteile gegen die Gebärdensprache abzubauen. Dabei haben wir uns aber nie über ihre Ansichten gestellt oder gar Druck ausgeübt- Drohungen nach dem Motto „Ihr müsst jetzt alle die DGS benutzen!“ waren für uns Tabu. Wir haben vielmehr die DGS als die Sprache der Gehörlosen anerkannt und dies immer wieder öffentlich deutlich gemacht. Das war ein jahrelanger Prozess.
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Übersetzung: Britta Harms und Michaela Matthaei